Wir werden immer wieder von unseren Kunden gefragt, ob das Übertakten des Prozessors Sinn macht. Mit Übertakten ist das manuelle Einstellen des Multiplikators gemeint, damit der Takt des Prozessors höher läuft, als der vom Hersteller vorgesehene Takt. Ich habe mich dieser Thematik angenommen und ein paar Tests gemacht und auch verglichen mit anderen Tests, die andere PC Bauer auf dieser Welt gemacht haben.
Was man durch das Band überall lesen kann und auch bei meinen Tests bestätigt wurde, ist, dass das Übertakten eines Prozessors keinen Sinn (mehr) macht. Das „mehr“ steht bewusst in Klammern, weil es früher Sinn gemacht hat. Was heisst früher? Vor ca. 4 Jahren, also im Jahr 2018, hat es noch Sinn gemacht, z.B. einen Intel Core i9 9900K Prozessor zu übertakten. Auch das AMD Pendant (z.B. AMD Ryzen 7 2700X) konnte man relativ gut übertakten und ca. 10-15% Mehrleistung herausholen.
Übertakten im Jahr 2018
Prozessor |
Turbo Boost |
Übertaktung |
Mehrleistung |
Intel Core i9 9900K |
5.0GHz (auf einem Kern) |
5.1GHz (auf allen Kernen) |
ca. +12% |
AMD Ryzen 7 2700X |
4.3GHz (auf mehreren Kernen) |
4.6GHz (auf allen Kernen) |
ca. +13% |
Jetzt kommt die grosse Frage: Warum ist das heute nicht mehr möglich?
Die Möglichkeit, den oben erwähnten Multiplikator einzustellen hat man immer noch. Nur sind die heutigen Prozessoren, sei es von Intel oder auch von AMD, schon so an das Limit gepusht und optimiert, dass da kein Spielraum mehr ist, um gross etwas herauszuholen. Die möglichen manuellen Einstellungen sind gleich oder tiefer, als der vom Hersteller vorgegebene „Turbo Boost“. Als „Turbo Boost“ versteht man die automatische Hochtaktung des Prozessors unter Volllast. Und dann kommen noch die mittlerweile sehr intelligenten Energiesparmodi der Prozessoren dazu, die den Takt sogar unter den Grundtakt des Prozessors herunterschrauben, wenn die Leistung nicht gebraucht wird. Also als Beispiel bei PC Aufgaben wie Online Shopping auf oder Lesen dieses Artikels.
Übertakten im Jahr 2022
Prozessor |
Turbo Boost |
Übertaktung |
Mehrleistung |
Intel Core i9 12900K |
5.2GHz (auf allen P-Kernen) |
5.1GHz (auf allen P-Kernen) |
Keine. |
AMD Ryzen 9 5900X |
4.8GHz (auf allen Kernen) |
4.8GHz (auf allen Kernen) |
Keine. |
Was beim Übertakten auch noch dazu kommt ist, dass die Energiesparmodi und auch der Turbo Boost ausgeschalten werden. Eine Übertaktung auf z.B. 5.0GHz bedeutet, dass alle Kerne immer auf 5.0GHz laufen, auch bei einfachen Aufgaben wenn diese Leistung gar nicht gebraucht wird. Dies bedeutet, dass der PC viel mehr Strom verbraucht und auch die Langlebigkeit des Prozessors darunter leidet. Und auch das Verwenden einer AiO (All in One) Wasserkühlung, oder einer Custom Wasserkühlung bringt da keine wirklichen Verbesserungen. Evtl. etwas bessere thermische Faktoren (bei der Custom Wasserkühlung), aber da spielt dann das „Power Limit“, also die maximale Stromaufnahme des Prozessors, eine grosse Rolle und blockiert den Start des Prozessors.
Bei der neusten Prozessor Generation von Intel, der 12. Generation, kommt noch etwas Spezielles dazu. Und zwar haben diese Prozessoren E- und P-Kerne. E=Efficient und P=Performance. Also z.B. der Intel Core 12900K Prozessor hat 8 E-Kerne und 8 P-Kerne. Und diese 8 P-Kerne haben zusätzlich noch Hyper-threading. Also insgesamt 8 E- und 16 P-Kerne. Die E-Kerne werden für geringlastige Aufgaben wie Office-, Browser-, oder Mailprogramme gebraucht und die P-Kerne für hochlastige Anwendungen wie Rendering oder Gaming.
Fazit:
Das Übertakten eines Prozessors ist heutzutage eher hinderlich als nützlich. Denn mit der immer weiter fortschreitenden Technologie und der Intelligenz, die in einen Prozessor implementiert wird, ist das ein Eingriff in die mittlerweile perfekt aufeinander abgestimmte Symbiose zwischen Vollpower geben, wenn es benötigt wird, und heruntertakten, wenn die Leistung dann eben nicht benötigt wird.
Meine Empfehlung daher ganz klar: kein Übertakten! Egal ob AMD oder Intel.
Denn, Übertakten ist ein Überbleibsel aus vergangenen Tagen als die Effizienz und Intelligenz der Prozessoren noch nicht so ausgereift waren wie das heute der Fall ist.